Teil 3 Ärztemarathon und die Diagnose
Ärztemarathon und die Diagnose
Ich habe dank meiner tollen Freunde und Bekannten auf Facebook gute Tipps und Arztempfehlungen erhalten.
Dank kompetenter Ärzte, die mir auch zuhörten hatte ich „nur“ einen kleinen Marathon von fünf Arztbesuchen in fünf Monaten.
Nachdem ich Hoffnung geschöpft habe und innerhalb von zwei Monaten einen Termin bei einer Orthopädin erhielt, war der Termin natürlich wie zu erwarten ernüchternd.
Immerhin musste ich nur zwei Monate warten, andere mussten mehr Geduld aufbringen. Überhaupt hatte ich nach unzähligen Anrufen bei allen folgenden Ärzten Glück, dass ich jemand im Umkreis von 50 Kilometern um Frankfurt finden konnte der recht zeitnah (also innerhalb von zwei Monaten) einen Termin vergeben konnte.
Ich habe dabei feststellen müssen, dass es viele viele Arztpraxen nur für Privatpatienten gibt. Wenn ich mal jemanden ans Telefon bekam hatte es sich direkt mit meiner Angabe "gesetzlich versichert" erledigt.
Es ging also erstmal weiter zum Neurologen und Rheumatologen. Die Neurologin schickte mich erstmal weiter zum MRT.
Sie stellte aber immerhin vorher fest, dass meine sich verkrampfenden Hände daher rühren, dass meine Nerven in den Ellenbogen zu wenig platz haben. Wenn sie gequetscht werden (beim Beugen der Arme, beim Abstützen), dann ist die Leitung zu meinen Händen gekappt. Schonen und Ellbogen und Unterarme nirgend ablegen war die Empfehlung bis zum nächsten Termin bei dem dann die Nerven am Kopf und an den Armen gemessen werden, welches organische Schäden ausschließen soll.
Ich hatte mich schon gewundert, dass keiner Ultraschall oder ähnliches erwähnt hatte. Aber ich habe mir dann erklären lassen, dass die Organe einwandfrei funktionieren, wenn die Nerven die Informationen (ganz leichte Stromstöße) vom Kopf bis in die Finger und Fußspitzen ohne Probleme übertragen.
Also war mein nächster Gang zum Rheumatologen, der mich nur kurz ansah und mich weiter zum Internisten / Rheumatologen schickte. Rheuma schloss der erste Dr. aus, da ich zwar die Schmerzen in den den Gelenken habe, aber sonst keine typischen Anzeichen habe, wie geschwollene Finger und Druckempfindlichkeit. Der Innere Rheumatologe / Internist kann ein breiteres Feld erforschen.
Im Schmerzbewältigungsbuch steht: Finde heraus wofür du durch die Krankheit dankbar sein kannst.
Neben dem üblichen, dass es nichts noch schlimmeres ist, setzte ich auf die Liste, dass ich durch die ganzen Termine schon einiges dazu gelernt habe.
Der Internist also stellte auch direkt die Diagnose Fibromyalgie, wenn es keine organischen Ursachen geben sollte.
Da hatte ich also endlich jemand der dieses Wort sagte. Aber sowas wie ein Stein fiel immer noch nicht vom Herzen. Keine Ahnung was ich auch erwartet habe. Aber ich fuhr heim und dachte: Hm.
Ich habe mich dann schon mal im Netzt durch gelesen und da stand nochmals was ich schon weiß und was mir auch die Ärzte bis hierhin empfahlen. Vieles habe ich ja auch schon umgesetzt und war noch dabei es umzusetzen.
Ich habe in den vergangen Wochen auch beobachtet wie stark meine Schübe wurden je stressiger der Tag war. Dass ich mich vor Stress fern halten musste war schon nach dem ersten Arztbesuch klar.
Jetzt stand der Entschluss fest, dass ich meine Selbständigkeit aufgab.
Viel gemacht hatte ich eh nicht mehr, aber es war immer noch die Verpflichtung da dieses und jenes zu bezahlen. Mit der Gewerbeabmeldung hat sich auf einmal so vieles erledigt. Da fiel mir doch tatsächlich ein kleiner Brocken vom Herzen.
Es fühlte sich gut an. Dann fühlte es sich wie versagen kann. Ich habe aufgegeben. Ich lasse meinen Mann mit der Versorgung der Familie allein.
Wie gesagt, ich bin auch schon vorher viel kürzer getreten. Aber das war jetzt erstmal – Fertig. Ende. Die Möglichkeit, dass wenn vielleicht, eventuell dann doch – die ist jetzt erstmal vorbei. Dass ich es mit meinem wirklich sehr verständnisvollen und fürsorglichen Ehemann und seinen beiden Minimes, die ihm da im nichts nachstehen, wirklich sehr sehr sehr gut getroffen habe ist ein großer Segen.
Zwischendurch war ich auch beim MRT, ich war zwar nur mit dem Kopf drin, aber das brauche ich echt nicht nochmal. Immerhin habe ich es schwarz auf weiß, dass mit meinem Kopf alles in Ordnung ist. Und dann endlich der Termin für die Nervenmessungen, bei dem natürlich auch alles in Ordnung ist. An dem Tag ging ich mit der Gewissheit nach Hause, dass ich eine chronische Krankheit habe und mich nun weiterhin selbst darum kümmern muss therapiert zu werden.
Kein Dr. House, kein Ärzteteam das mir einen Platz in einer Kur reserviert hat, weil wir so viel Zeit miteinander verbachten und uns angefreundet haben. Ich würde die Ärzte alle auf der Straße nicht wieder erkennen.
Aber ich bin ihnen dankbar, dass mir jeder von ihnen zugehört hat und jeder einzelne Termin mich einen Schritt weiter bringt. Wenn die Diagnose gestellt ist, dann beschäftigt man sich nicht mehr mit dem Gedanken was sonst noch alles sein könnte. Jetzt hat man Zeit herauszufinden was einem gut tut. Und abwarten bis man einen Platz im Schmerzzentrum oder in einer Tagesklinik bekommt.
Mein nächster Termin ist der bei einer Psychotherapeutin, mit der ich es hoffentlich schaffe meine schrecklichen Verhaltensmuster zu durchbrechen und auch die schlechten Gedanken los zu werden mit denen ich mich selbst täglich geißele.
WIE ES MIR DAMIT GEHT…
Blauäug habe ich gehofft, dass ich mit der Diagnose direkt antworten oder Termine für eine gezielte Therapie erhalte. Darum muss ich leider selbst kümmern. Immerhin habe ich eine Überweisung für eine Psychotherapie bekommen.
Ich wollte niemals mit einer fremden Person so Angesicht zu Angesicht über meine Probleme reden. Ich dränge mich nicht gern Leuten auf, entweder man entscheidet sich meinen Ausführungen zu folgen oder man scrollt weiter. Damit kann ich gut leben. Aber jemand der dafür bezahlt wird? Interessiert es ihn wirklich? Ich hätte gern ein Ärzte Team das sich auch in der Mittagspause Gedanken über mich macht und detektivisch an die Lösung geht. Denen ich freudig um den Hals fallen kann… . Ja Serienjunkie sein setzt einem zu viele Flausen in den Kopf.
Ich bin vielleicht ein sturer Mensch, aber ich erkenne wann ich verloren habe. Ohne Hilfe komme ich nicht aus meinen Verhaltensmustern. Und das muss ich dringend, weil ich einfach nicht zur Ruhe komme. Und ich benötige die Ruhe um mich mit den Schmerzen auseinander zu setzen oder um sie einfach mal zu vergessen. Während ich seit 13 Jahren sehr gut mit meinem Tinnitus (der sich wie das Rauschen eines alten Fernsehers anhört) dank Meditation und Entspannungsmusik auskomme, werde ich aktuell aggressiv, wenn mir einer mit Entspannung ankommt.
Ich kann esoterisch angehauchte Klänge oder Redeweisen nicht ertragen. Ich denke dazu sind meine Schmerzen zu penetrant. Ich würde so gern einfach auf einen Boxsack schlagen und alles aus mir raus brüllen. Aber dazu fehlt mir die Kraft. Ich habe manchmal nicht einmal die Kraft eine Wasserflasche zu öffnen.
Meine Schmerzen sind wie bei vielen chronischen kranken immer präsent. Im besten Fall lodern sie nur unter Haut und fühlen sich wie Muskelkater an. Im schlimmsten Fall fühlt es sich an als ob die Flammen gleich durch die Haut brechen während sie die Muskeln auflösen. Wenn ich ruhig hier um 01:35 Uhr Nachts sitze und schreibe, dann ertrage ich sie gut, auch wenn es gerade mehr brennt als lodert. Muss ich mich aber bewegen und mein Kopf sich mit mehr auseinander setzen, dann fühlt es sich an als würde man von mir verlangen einen Felsbrocken durch die Wohnung zu tragen und dabei Mathegleichungen zu lösen. (Mathe und ich = keine Freunde, nie gewesen).
Ich gehe sehr gerne schwimmen, dreimal die Woche, wenn nichts dazwischen kommt. 30 Mintuten schwimmen, 15 Minuten Sauna. Nach Drei Monaten konnte ich die Ausdauer leider noch nicht erhöhen. Ich werde auch regelmäßig von älteren Damen und Herren „überrundet“Nach dem Schwimmen habe ich keinen Muskelkater mehr, ich fühle mich angenehm kaputt und die Schmerzen sind auf ein Minimum gedämpft für ca 1-3 Stunden. An so einem Tag habe ich auch die Muse mich hinzusetzen und zu malen. Aquarell und Handlettering habe ich für mich entdeckt. Die Bewegungen sind fast meditativ und es macht mir große Freude wieder kreativ sein zu können. Leider schaltet mein Kopf einfach nicht komplett ab. Ich muss ständig daran denken was ich in der selben Zeit doch alles machen könnte. Was an Arbeit alles liegen bleibt für die ich sonst keine Kraft habe.
Nutze ich nach dem Schwimmen den gewonnen Ausgleich um die To Do Liste abzuarbeiten, dann habe ich zu 99 %iger Wahrscheinlichkeit am Abend so schlimme Schmerzen, dass ich mich kaum bewegen kann. Es muss alles moderat gehen und immer im Fluss sein. Dann ist alles ok. Aber das kleine quierlige Ich in mir arbeitet gegen mich.
Nächster Teil: Und dann auch noch ADHS.